Dienstag, 24. Mai 2011

Terra Preta Nova Teil 1: Ausgangsüberlegungen, Grundlagen

Vor einiger Zeit bin ich auf das Thema Terra Preta gestoßen. Terra Preta ist ein von Menschen in Südamerika geschaffener, ungewöhnlich fruchtbarer Boden. Das Wissen um die Entstehung ging mit der spanischen Conquesta verloren, so dass man heute nurnoch mutmaßen kann. Der hohe Nährstoffanteil spricht jedoch dafür, dass Biologische Abfälle und Fäkalien gesammelt und in irgendeiner Weise in den unfruchtbaren Regenwaldboden eingebracht wurden. Die Terra Preta zeichnet sich außerdem durch einen hohen Anteil Holzkohle aus. Ich halte es gefühlt für zweifelhaft, dass die Holzkohle allein zur Bodenverbesserung eingebracht wurde, eher hatte sie eine Doppelfunktion, etwa als Streu in Komposttoiletten.
Wie auch immer die Terra Preta entstanden sind, sie hat einige Vorzüge, weswegen inzwischen versucht wird, sie "nachzubauen". Die Vorteile könnten im hohen Kohleanteil liegen. Die stark poröse Struktur der Kohle bedeutet eine große Oberfläche und damit ein hohes Speichervermögen für Wasser und möglicherweise auch für Nährstoffe und Mikroorganismen. Die Verdunklung des Bodens fördert außerdem die Erwärmumg durch Sonneneinstrahlung. Dadurch, dass die Holzkohle über sehr lange Zeit (bis zu mehrere tausend Jahre, wenn man den Berichten über die archäologischen Befunde trauen kann) stabil bleibt, wird außerde viel Kohlenstoff langfristig gebunden, was mögliche Chancen für die Klimasteuerung bedeutet.
Die Wirkung der Holzkohle im Boden muss nicht zwangsläufig für alle Bodenarten die Selbe sein, gerade fruchtbare Böden profitieren vielleicht garnicht.
Für die Erzeugung guter "Nachbauten" der Terra Preta scheint es noch kein Patentrezept zu geben. Klar ist, dass in irgendeiner Weise Kohle in den Boden eingebracht werden muss. Menge und Art der Kohle, sowie sonstige Verfahrensschritte sind hingegen weniger klar.
Erste Untersuchungen deuten darauf hin, dass sowohl die Stabilität der Kohle im Boden, als auch die Wirkung auf das Pflanzenwachstum vom verkohlten Ausgangsmaterial und dem Verkohlungsverfahren abhängen. Auch reagieren unterschiedliche Pflanzen unterschiedlich auf unterschiedliche Kohlenstoffkonzentrationen im Boden.
Die Ausgebrachte Kohle unterscheidet sich aber auch nach der Art ihrer "Veredelung". Der naheliegende Ansatz, einfach zerkleinerte Kohle in den Boden einzuarbeiten, könnte zu einer Bindung der Bodennährstoffe führen und damit zu einer Hemmung des Pflanzenwachstums führen, bis die Kohle gesättigt ist. Zumindest erscheint ein solcher Effekt nicht fernliegend, wenn die unterstellten Speichereigenschaften der Kohle zutreffen sind.
Daher wird die Kohle meist in irgendeiner Form mit Nährstoffen und häufig auch mit Mikroorganismen angereichert. Die gebräuchlichsten Methoden scheinen die Kompostierung und die Fermentation mit organischen Abfällen zu sein. Die dabei freigesetzten Nährstoffe sollen in der Kohle gebunden werden und die an der Zersetzung beteiligten Mikroorganismen sollen die Kohle besiedeln und zu einem gesunden Bodenleben beitragen.
Mir scheint die Kompostierung dabei der näherliegende Ansatz zu sein, da dabei ein natürliches Gleichgewicht an Bodenorganismen beteiligt ist. Bei der Fermentation sind vorwiegend anaerobe Organismen am Werk, die im Boden zu großen Teilen nicht überleben können. Außerdem könnte die produzierte Milchsäure zu einer Versäuerung des Bodens führen.
Anzumerken ist außerdem, dass vielfach so genannten "Effektive Mirkoorganismen" zur Optimierung der Zersetzungsprozesse und Besiedelung der Kohle eingesetzt werden. Diese kurz EM genannte Mixtur aus vorwiegend Milchsäurebakterien hat eine regelrecht kultische Verehrung erfahren und soll in allen Lebenslagen alles gut machen können. Entsprechend skeptisch stehe ich der Sache gegenüber, zumal es kein belastbares, bzw. widersprüchliches Material zum Nutzen von EM gibt. Viele Anwendungsbereiche gehören eher in die esoterische Ecke, manches mag aber auch einen gewissen Nutzen haben. Fest steht bisher wohl nur, dass es nicht schadet. Nützen tut es eindeutig den Verkäufern dieser Mixtur, die eigentlich nur ein aufgepimpter Sauerkrautsaft ist.
Ich habe mich entschlossen, auf sehr unwissenschaftliche Weise mal ein paar Anwendungsversuche zu starten. Dabei werde ich selbst hergestellte Kohle sowohl kompostiert, als auch mit Abfällen fermentiert einsetzen.

Weitere Artikel zum Thema auf Chaosgarten:

Terra Preta Nova Teil 2: Holzkohleherstelung
Terra Preta Nova Teil 3: Fermentation und Kompostierung
Terra Preta Nova Teil 4: Fermentation gescheitert, nun anaerobe Verjauchung
Terra Preta Nova Teil 5: Anlage des ersten Terra Preta Beetes
Terra Preta Nova Teil 6: Risiken und Nebenwirkungen
Terra Preta Nova Teil 7: Verbesserte Kohleherstellung

Leseempfehlungen 2: Dies, Das und Terra-Preta-Experimente auf anderen Blogs
Braucht Terra Preta EM (effektive Mikroorganismen)?
10 Terra Preta Antworten von Prof. Dr. Bruno Glaser
Terra Preta kommentierte Leseempfehlung: "Wundererde" im Test (Zeit Online)

6 Kommentare:

  1. Zickenbändiger9. Juni 2011 um 00:01

    Wenn ein Bestandteil der Terra Preta Fäkalien sind , und ein Bestandteil " Holzkohle " , sollte man dann nicht die Rezeptur ändern ? Gruß vom Zickenbändiger

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  2. Fäkalien sind halt sehr nährstoffreich, Küchenabfälle aber genauso. Da ich keine Tiere und keine Komposttoilette habe, wird das Rezept halt etwas modifiziert. Genau weiß man ohnehin nicht, ob und in welchem Mischungsverhältnis damals Fäkalien reingestopft wurden. Außerdem hätte ich bei Fäkalien auch noch Bedenken, Pflanzen von dem Boden in den nächsten Jahren zu verwenden, einfach weil ich nicht weiß, wie robust die weniger gesunden lebenden Bestandteile sind.

    Nach ein paar Jahren ohne Lebensmittelernte hätte ich aber keine Bedenken mehr. Allerdings steht eine Komposttoilette nicht auf dem Anschaffungsplan, so dass die Frage vorerst rein akdaemisch bleibt.

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  3. Hier: http://chaosgarten.blogspot.com/2011/08/leseempfehlungen-2-dies-das-und-terra.html habe ich mal ein paar ähnliche Projekte anderer Blogs verlinkt, wer weitere kennt, einfach Bescheid sagen!

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  4. http://www.swiss-biochar.com/terra-preta.php

    Da tut sich etwas !

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  5. Und nochmal ein Neuer Artikel zur Serie, diesmal geht es wieder um die Kohleherstellung, diesmal aber in einem verbesserten Verfahren: Terra Preta Nova Teil 7: Verbesserte Kohleherstellung

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  6. Hier in Hamburg gibt es ja auch viel Terra Preta Forschung.
    In verschiedenen Versuchen konnten auch gute Ergebnisse mit Sauerkrautsaft statt EM erzielt werden.

    Factura, H.; Bettendorf, T.; Buzie, Ch.; Pieplow, H.; Reckin, J.; Otterpohl, R. (2010): Terra Preta sanitation: re-discovered from an ancient Amazonian civilisation . Water Science & Technology, 61(10), 2673-2679

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